Der Feldweg - 4. Wegabschnitt

4. WEGABSCHNITT
Über den Schlossberg

Der letzte Wegabschnitt führt vom Parkplatz zunächst mit Ausblicken auf den Falkensteiner Wald zur Burgruine hinauf und dann, durch die Schafweide und auf dem „Panoramaweg“ mit besonders schöner Aussicht auf den Ort nach Falkenstein hinunter. Im Nahbereich eines Felsrückens stehen besonders schöne Steinweichseln, im Frühjahr blühen hier die Kuhschellen, und am weiteren Weg kommen wir an krüppelig wachsenden Flaumeichen vorbei. Der Rundweg endet wieder bei der Kirche. Man kann aber auch oberhalb der Kirche rechts abbiegen und durch den romantischen Hohlweg des „Weibergassels“ in den Ort gelangen. Zum Abschluss bietet sich ein Spaziergang durch den Markt an, vielleicht auch zur Kellergasse „Oagossn“ hinüber.

Wald im Weinviertel

Blickt man in die Umgebung von Falkenstein, ist man vielleicht erstaunt darüber, wie waldreich diese Landschaft ist. Großflächige Wälder sind nicht gerade das, was sich die meisten Leute im Weinviertel erwarten. Tatsächlich gibt es, neben Ackerbau- und Weinbaulandschaften, im Weinviertel auch mehrere große Waldgebiete.

Wald im Weinviertel ist auch etwas ganz Spezielles. Er unterscheidet sich grundlegend von den Wäldern in anderen Teilen Österreichs. Die vorherrschenden Bäume im Weinviertel sind die Eichen. Einzelne Eichenarten dürfen wir Ihnen später noch im Detail vorstellen. Eichen prägen die Wälder in den wärmsten und trockensten Teilen Österreichs.

Eine weitere Besonderheit der Weinviertler Wälder ist der Reichtum an Wildobst. Darunter verstehen wir Baum- und Straucharten, die essbare Früchte hervorbringen. Vogelkirsche, Elsbeere und Speierling konnten wir Ihnen auf dieser Wanderung schon vorstellen. Vom Dirndelstrauch sind wiederum die gelben Blüten vielen bekannt. Er gehört zu den ersten blühenden Pflanzen im Jahr. Die Früchte haben einen nicht uninteressanten herben Charme.

Wie bei der Geschichte des Weinviertels nicht anders zu erwarten, sind auch die Wälder dieser Region keine vom Menschen unberührte Natur. Seit Menschengedenken werden die Wälder für Brennholz genutzt, und Eichen erzielen noch heute gute Preise als Bau- und Furnierholz. Dabei hat sich die ganz spezielle Bewirtschaftungsform der Mittelwaldwirtschaft entwickelt: Eine Oberschicht aus Eichen-„Überhältern“ darf bis zu 140 Jahre alt werden, darunter findet etwa alle 30 Jahre eine Brennholznutzung statt. Die Brennholzbestände werden meistens von Hainbuchen und Hasel dominiert. Diese Wälder sind, gerade durch diese spezielle Form der Nutzung, besonders artenreich und daher naturschatzfachlich wertvoll.

Was den Weinviertler Forstleuten heute Sorge macht, ist das immissionsbedingte Kränkeln vieler Eichen und das großflächige Absterben der Eschen durch einen eingewanderten Pilz. Ähnliches ist auch bei der heute selten gewordenen Ulme passiert. Sollen das typische Weinviertler Waldbild und die hohe Artenvielfalt erhalten bleiben, ist es notwendig, diese Nutzung der Wälder weiterzuführen.

Im Waldgebiet von Falkenstein steht am höchsten Punkt eine auffällige Senderanlage. Der Galgenberg ist mit 425 m Seehöhe die zweithöchste Erhebung des Weinviertels. Höher sind nur die Leiser Berge, die am Buschberg 492 m erreichen. Wie der Name verrät, wurden am Galgenberg in früheren Zeiten Todesurteile des Falkensteiner Landgerichtes vollstreckt. Aufmerksame Beobachter können die Abflachung des „Berggipfels“ durch Menschenhand erkennen.

Die Burg

Die Feste Falkenstein entstand wahrscheinlich in der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts. Der Berg ist aber schon wesentlich länger besiedelt. Archäologische Ausgrabungen unterhalb der Burgruine brachten Reste einer ausgedehnten Höhensiedlung aus der Bronzezeit ans Licht.

Im 11. Jahrhundert kristallisierte sich das Gebiet zwischen den Falkensteiner und den Pollauer Bergen als Grenze zwischen Mähren und der Babenbergermark, dem späteren Österreich, heraus. Unter Grenze darf man sich im Mittelalter nicht so eine exakte Linie vorstellen wie heute. Es gab eher breite Übergangszonen zwischen den einzelnen Ländern, die die jeweiligen Landesherren mit Grenzfestungen zu sichern versuchten.

Die Besitzverhältnisse der Burg in der ersten Zeit sind nicht genau bekannt. Im 12. Jahrhundert wurde sie Eigentum der Landesfürsten, die sie später an verschiedene Adelige verpfändeten. 1571 wurde die Burg an die Trautson verkauft, denen sie ihre letzte Erweiterung verdankt. Die Herrschaft Falkenstein wurde damals zur freien Grafschaft, die Burg zur Münzprägestätte.

1621, nach dem Tod Paul Sixt Trautsons, wurde der Herrschaftssitz nach Poysbrunn verlegt. 1645, im Dreißigjährigen Krieg, wurde die Burg von den Schweden erobert und beschädigt, aber nicht vollständig zerstört. In der Folge diente sie noch als „Fluchtort“, an den sich die Bevölkerung der umliegenden Dörfer bei Feindesgefahr zurückziehen konnte. Die Burg wurde auch noch bis ins 18. Jahrhundert von Jägern der Herrschaft bewohnt, verfiel aber nicht nur zusehends, sondern wurde sogar als Steinbruch zur Gewinnung von Baumaterial genutzt.

Eine besondere Bedeutung hatte die Falkensteiner Burg als Sitz des Landgerichtes, der Gerichtsbarkeit für schwere Vergehen wie Totschlag oder Brandstiftung. Der Gerichtsbezirk umfasste ursprünglich die 22 Orte, die auch zur Pfarre Falkenstein gehörten. Nach und nach wurden diese Orte dem Falkensteiner Landgericht entzogen und kamen überwiegend zum Liechtenstein’schen Landgericht Feldsberg, dem heutigen Valtice in Tschechien. Ab 1621 tagte das Landgericht meistens im Rathaus, nur in schweren Fällen wurden die Angeklagten auf der Burg gefangen gehalten.

Aus dem Jahr 1632 sind Verhandlungsprotokolle gegen Christoph Denk, Weingartenhüter aus Ottenthal, überliefert, die alle Merkmale eines Hexenprozesses aufweisen. Es wurde ihm vorgeworfen, zum Schaden seiner Nachbarn mit dem Teufel in Verbindung zu stehen.

1743 und 1773 wurden noch Todesurteile in Falkenstein vollstreckt. Ab 1848 löste die staatliche Gerichtsbarkeit die herrschaftlichen Landgerichte ab.

In der Umgebung der Burg standen noch zwei Wirtschaftshöfe: Der zur Burg gehörende Meierhof stand am Weg vom heutigen Parkplatz auf den Berg hinauf, der Urtailhof, ein nicht zur Grundherrschaft gehörender Freihof, in der Mulde unterhalb der Burg. Dieser Hof verschwand schon im 15. Jahrhundert, hinterließ aber bis heute den Flurnamen Urteln.

Die Burgruine ist heute im Besitz von Ing. Georg Thurn-Vrints und wird mit Hilfe des „Vereines zur Erhaltung und Sanierung der Burgruine Falkenstein“ erhalten. Der Burghof wird für diverse Feste genutzt. Ein besonderes Erlebnis ist der Besuch des Täufermuseums und des Felsenkellers, der im 12. Jahrhundert entlang von geologischen Störungslinien im Gestein in einer Höhle angelegt wurde.

Schafe erhalten eine vielfältige Kulturlandschaft

Am Weg von der Burgruine zur Kirche von Falkenstein durchwandern wir ein ganz besonderes Tiergehege. Die Schafe, die uns im felsigen Gelände des Schlossberges begegnen, erfüllen eine wichtige Aufgabe für den Naturschutz.

Der Falkensteiner Schlossberg wurde, wie viele vergleichbare Standorte im Weinviertel, seit der Jungsteinzeit als Viehweide genutzt. Damals gaben die Menschen die Lebensweise von Sammlern und Jägern nach und nach zugunsten von Ackerbau und Viehzucht auf. Ungezähmte Viehherden von Wildpferden, Auerochsen, Büffeln, Elchen, Rothirschen, Wildschafen und Wildschweinen wurden von den Menschen zurückgedrängt und durch ihre Haustierherden ersetzt: Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine, später auch Pferde. Äcker, auf denen Getreide, Hülsenfrüchte und Mohn angebaut wurden, grenzte man zunächst sorgsam aus dem vorherrschenden Weideland aus. Rinder, Schafe und Ziegen fraßen im Wald Blätter und Knospen, die Schweine die auf den Boden gefallenen Eicheln. Der Wald lichtete sich, Gräser und Kräuter der Steppe konnten sich auf größere Flächen ausdehnen. Schließlich kann man bei der intensiven Nutzung im Mittelalter annehmen, dass kaum ein Baum oder Strauch um die Burg zu finden war. Wenn die Nutzung nachließ, zum Beispiel in Kriegs- und Krisenzeiten, breiteten sich wohl vor allem die „Dornsträucher“ aus.

Erst im 20. Jahrhundert änderte sich das Leben und Wirtschaften der Falkensteiner grundlegend. Mit dem Wohlstand, den man sich einige Zeit nach dem 2. Weltkrieg erarbeitete, war es nicht mehr notwendig, dass in jedem Haus Ziegen gehalten wurden, wie das bis dahin der Fall war. Gras als Futter verlor rasch an Wertschätzung. War früher jedes Stück Böschung entlang von Straßen und Bächen wertvoll gewesen, so störte es jetzt niemand, dass die Hänge des Schlossberges immer mehr von Sträuchern und Bäumen bewachsen wurden.

Später wurde erkannt, dass diese Entwicklung doch nicht unproblematisch ist. Die Nutzungsaufgabe bedeutete keineswegs „mehr Natur“, sondern den Verlust seltener steppenartiger Lebensräume mit ganz besonderen Tieren und Pflanzen. Um das zu verhindern, begann der Förster der Forstverwaltung Thurn-Vrints, den Schlossberg mit Schafen zu beweiden. Zusätzlich wurden noch besonders dicht stehende Strauchbestände umgeschnitten. Gemeinsam mit den Schafen weiden auch einige Ziegen, die den Strauchbewuchs besonders wirkungsvoll zurückdrängen können. Nur durch die Beweidung können bekannte Arten wie die Kuhschellen langfristig am Falkensteiner Schlossberg überleben, und nur so bleibt auch das charakteristische Landschaftsbild der über nackten Fels und dürre Steppenrasen aufragenden Ruinenmauern erhalten.

PFLANZENPORTRAIT: Kuhschellen (Küchenschellen)

Kuhschellen sind typische Steppenpflanzen. Sie blühen im zeitigen Frühjahr, um der Sommertrockenheit zu entgehen. Schon vor dem Aufblühen fallen die pelzigen, dicht aneinander gedrängten Blütenknospen auf. Zuerst blüht die Große Kuhschelle mit bis über 4 cm langen, blauvioletten, aufrechten Blüten, etwas später die Schwarze Kuhschelle mit an langen Stielen nickenden, kleineren, dunkleren Blüten. Die Schwarze Kuhschelle ist nicht nur unauffälliger als ihre große Schwester, sondern in Falkenstein auch viel seltener. Wenn man doch eine gefunden hat, lohnt es sich, ehrfürchtig niederzuknien und ins Innere der Blüte zu schauen – der Farbkontrast zwischen schwarzvioletten Blütenblättern und gelben Staubbeuteln wird überraschen.

Wer sich das Aussehen der Kuhschellenblätter merkt, wird Blätter und Fruchtstände der Kuhschellen bis lange in den Sommer hinein beobachten können.

Die Große Kuhschelle kommt in Mittel- und Südeuropa vor, die Verbreitung reicht von München bis zum Dnejstr. Sie wächst auf mageren Steppenrasen auf kalkhaltigem Boden. Ihr höchstes Vorkommen hat sie auf der Hohen Wand. Andere Kuhschellen-Arten sind in den Steppengebieten Osteuropas und Asiens verbreitet. So blüht eine davon in den Steppen jenseits des Baikalsees, wenn es dort im Mai schön langsam Frühling wird.

Wer die Ansprüche der heimischen Kuhschellen-Arten wirklich verstanden hat, sieht ein, dass es ein sinnloses Unterfangen ist, sie im kalkreichen, trockenen Steppenrasen auszugraben und in nährstoffreiche Gartenerde zu verpflanzen. Das Naturschutzgesetz verbietet uns auch das Pflücken der Kuhschellen, was bei deren Seltenheit wohl jedem verständlich ist.

PFLANZENPORTRAIT: Schafschwingel

Man muss schon ein sehr aufmerksamer Naturbeobachter sein, um die verschiedenen Arten der Gräser sicher unterscheiden zu können. Dennoch fällt es auf, dass auf den trockenen Standorten um die Felsen ein zartes, in niedrigen Horsten wachsendes Gras mit eingerollten Blättern zu finden ist, das man sonst in unserer Kulturlandschaft nirgends sieht. Der Name Schafschwingel deutet schon darauf hin, dass so ein zartes, kleines Gras nicht gerade ausgewachsene Rindviecher satt macht, sondern eher bescheidenen Schafen und Ziegen als Nahrung dienen kann.

Die Botaniker sehen die Schafschwingel als eine Gruppe vieler ähnlicher Arten, von denen 15 in Österreich vorkommen. In Falkenstein finden wir drei dieser „Kleinarten“, die nur von Spezialisten sicher unterschieden werden können: Walliser Schwingel, Furchenschwingel und Bleichschwingel.

Der Walliser Schwingel ist trotz seines Namens, der sich von Vorkommen in inneralpinen Trockentälern im Schweizer Kanton Wallis ableitet, ein Gras der Steppengebiete Osteuropas.

PFLANZENPORTRAIT: Thymian (Quendel)

Auch beim Thymian wollen wir uns nicht allzu sehr von den Spitzfindigkeiten wissenschaftlichen Pflanzenbestimmens verwirren lassen. Hier sei nur gesagt, dass die Gattung bei den Botanikern als „schwierig“ gilt. Das kommt einerseits daher, dass keine klaren Artgrenzen ausgebildet sind, weil immer wieder Hybride entstehen, und bedeutet andererseits natürlich auch, dass diese Pflanzengruppe eben noch nicht genug erforscht wurde.

Die wilden Thymian-Arten werden auch Quendel genannt. Es sind niederliegende Halbsträucher, deren Triebe nur schwach verholzen. Das unterscheidet sie vom Kudelkraut, dem sogenannten Echten Thymian. Dieser Zwergstrauch aus dem Mittelmeerraum wird bei uns gerne in „Küchengärten“ kultiviert.

Mit ihm gemeinsam haben die wilden Thymiane aber den aromatischen Geruch. Unterschiede zwischen den Thymian-Arten liegen jetzt darin, ob der Stängel nur am Boden kriecht oder am Ende aufsteigt, und in verschiedenen Geruchsrichtungen und -intensitäten. Der häufigste Thymian der Falkensteiner Steppenrasen heißt Österreichischer Quendel und ist im Wiener Becken verbreitet. Über die Verwendbarkeit als Heilpflanze ist nichts bekannt. Vom nahe verwandten, weiter verbreiteten Steppen-Quendel weiß man aber mittlerweile, dass er wie der Echte Thymian ein antibakteriell wirksames ätherisches Öl (Thymol) enthält. Bei Husten und Bronchitis wirkt es schleimlösend und krampflindernd.

KULINARISCHER TIPP: Pizza

Versuchen Sie doch einmal eine Pizza mit original Weinviertler Thymian!

PFLANZENPORTRAIT: Steinweichsel

Steinweichseln, die auch Badener Weichseln genannt werden, sind im Gegensatz zu den aus Vorderasien stammenden Kulturweichseln auch in Mitteleuropa heimisch. Die Steinweichsel wächst in Trockenwäldern. Ihr Verbreitungsgebiet umfasst Süd- und Mitteleuropa und reicht im Osten bis Afghanistan. In Niederösterreich kommt die Art am Alpenostrand bei Baden, in den Hainburger Bergen, im Marchfeld sowie in den Leiser und Falkensteiner Bergen vor.

Interessant ist, dass die Steinweichsel im Weinviertel und in der Umgebung von Baden früher in Weichselgärten kultiviert wurde. Das (angenehm duftende!) Holz wurde zu Pfeifen, Stöcken und Schmuckgegenständen verarbeitet.

Heute wird die Steinweichsel noch gelegentlich als Unterlage für Kulturweichseln kultiviert.

PFLANZENPORTRAIT: Die Eichen des Weinviertels

Im Weinviertel kommen alle vier österreichischen Eichenarten vor. Zum Teil unterscheiden sie sich sehr deutlich in der Baumform, in den Ansprüchen und in der Verbreitung:

  • ·         Stieleiche: mächtige Bäume mit breiter Krone, Fruchtstand mit 2 – 6 cm langem Stiel, Blattstiel max. 5 mm lang
    Vorkommen auf tiefgründigen, nährstoffreichen Böden in sommerwarmen Gebieten Europas
  • ·         Traubeneiche: ebenfalls mächtige Bäume, Fruchtstand höchstens ganz kurz gestielt, Blattstiel ca. 2 cm lang
    ähnlich verbreitet wie die Stieleiche, hybridisiert mit dieser
  • ·         Flaumeiche: in vielen Detailmerkmalen der Traubeneiche ähnlich, jedoch weich-graufilzige Knospen, Zweige, Blätter und Fruchtbecher; kleiner, krüppelig wachsender Baum oder großer Strauch
    Vorkommen in wärmeliebenden Trockenwäldern Süd- und Mitteleuropas, ostwärts bis zur Krim und zum Kaukasus; in Mitteleuropa meistens nur auf Kalkstandorten
    Entlang des Panoramaweges stehen einige krüppelig wachsende Flaumeichen.
  • ·         Zerreiche: großer Baum mit eher lockerer Krone, Fruchtbecher mit langen abstehenden Schuppen, Borke auffällig rissig
    Vorkommen in Südeuropa von Südfrankreich bis Bosnien, im ungarischen Mittelgebirge und in Rumänien, in Österreich nur im Osten

Stiel- und Traubeneichen liefern dauerhaftes, schweres Holz. Heute in Vergessenheit geratene Nutzungen sind die Gerberlohe, ein natürliches Gerbmittel aus Eichenrinde, und Kaffeeersatz aus gerösteten Eicheln. Die gerbstoffreiche Eichenrinde hat vielfältige Verwendungen in der traditionellen Medizin.

Zumindest in Notzeiten wurden zerriebene Eicheln, die sehr viel Stärke enthalten, auch zum Strecken des Brotmehles verwendet. Wenn man die Eicheln einige Zeit in Wasser legt, verlieren sie den bitteren Geschmack. Interessanterweise bereiten sich auch die Wildschweine ihre Nahrung auf ähnliche Art auf: Sie vergraben die frisch vom Baum gefallenen Eicheln und fressen sie erst, wenn sie zu keimen beginnen. Weil sie manche Keimlinge übersehen, tragen sie zur Verjüngung von Eichenbeständen bei.

KULINARISCHER TIPP: Eichelkaffee

Es ist zugegebenermaßen ein wenig mühsam, aber es geht: Vom Baum gefallene Eicheln schälen, zerkleinern, eventuell zur Zerstörung der Bitterstoffe etwas kochen und schließlich in einer Pfanne langsam anrösten. Wenn sie braun geworden sind, trocknen lassen und in geschlossenen Gläsern aufbewahren. Schließlich grob mörsern, einweichen und etwa 10 Minuten lang kochen. Das Getränk gilt als äußerst gesund und wurde auch von Pfarrer Kneipp empfohlen. Es kann natürlich auch mit etwas Milch getrunken werden.

Ein Blick auf Falkenstein

Bevor wir zur Kirche von Falkenstein zurückkehren, können wir noch einmal einen Blick auf den Ort werfen. Falkenstein besteht aus mehreren Ortsteilen, die sich teilweise unabhängig voneinander entwickelten.

Die Wieden, das ungeordnete Haufendorf bei Kirche und Pfarrhof, geht auf die frühere Pfarrherrschaft zurück und bildete bis etwa 1600 eine eigene Gemeinde.

Der Markt stellt das heutige Zentrum Falkensteins dar. Das Straßendorf mit dem rechteckigen Marktplatz dürfte im 12. oder 13. Jahrhundert entstanden sein, als der regelmäßige Markt vom Friedhof hierher verlegt wurde. Der Markt hatte eine gewisse Selbstverwaltung mit Marktrat und Marktgericht. Der Pranger am Marktplatz symbolisiert diese Gerichtsbarkeit. 1513 wurde den Falkensteinern das schon längst ausgeübte Marktrecht offiziell verliehen und dabei auf den ganzen Ort ausgeweitet. Das Rathaus mit frühbarocker Fassade und einer geschnitzten Holzdecke im Ratssaal wurde in seiner derzeitigen Form 1688 fertiggestellt. Eine Falkensteiner Besonderheit besteht in der Privatlade. Dieses heute noch bestehende älteste Geldinstitut Österreichs geht auf eine Bürgerliche Waisenlade zurück, die eine Stiftung für arme Bürger verwaltete und 1741 in den Besitz der Marktgemeinde Falkenstein kam. 1771 wurde sie in Privatlade umbenannt und entwickelte sich zu einer Gemeindesparkasse. Heute findet man hier für Ortsbewohner und Gäste eine moderne Bankfiliale.

Das Dörfl ist durch die Steigung des Stürzenbühels vom Markt getrennt und liegt am Talschluss zum Heidberg hin. Dieser früher von Obstgärten umgebene Ortsteil geht auf ein altes Bauerndorf zurück.

Der Kühberg, am östlichen Ende Falkensteins entlang der Straße nach Poysbrunn gelegen, stellt einen neueren Ortsteil dar. Hier befindet sich das Spital, ein Bauwerk, das auf das 13. oder 14. Jahrhundert zurückgeht und das bis ins 18. Jahrhundert gebrechlichen Dienern der Herrschaft und verarmten Untertanen als Wohnstätte diente. Als gotischer Profanbau eine Rarität!

Die Kellergasse „Oagossn“ beginnt im Markt. Sie umfasst 65 Presshäuser und einen angerförmigen Platz. Die größeren Weinbaubetriebe verlagern die Weinwirtschaft zunehmend in den Ort, wo Anlagen nach dem heutigen Stand der Technik eingerichtet werden. Nach einfühlsamen Renovierungen dienen die Keller heute als Raum für Weinpräsentationen und als Heurigenlokale. Tage der offenen Kellertür laden zum Kellerbesuch ein.

KULINARISCHER TIPP ZUM ABSCHLUSS: Hagebuttenmarmelade

Hagebutten werden möglichst vollreif gesammelt, Stiele und verdorrte Blütenreste mit dem Messer entfernt, die Früchte der Länge nach auseinandergeschnitten, die Kerne herausgeschält und das Fruchtfleisch zur Entfernung der Härchen gründlich gewaschen. Es wird einen Tag lang in Wasser gelegt, dann etwa eine halbe Stunde lang weichgekocht und nach dem Abkühlen passiert oder durch ein feines Sieb gedrückt. Es wird nochmals aufgekocht und unter Zugabe von Zucker, Geliermitteln oder fein pürierten Quitten heiß in Gläser gefüllt.

Wie in alten Zeiten hat man sich so einen wohlschmeckenden Wintervorrat zugelegt. Mit jedem Löffel Marmelade erleben Sie ein Stück Falkensteiner Landschaft. Probieren Sie es aus!